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Thorsberger Moor

Auf einen Blick

Ein Archiv der Landschafts- und Siedlungsgeschichte.

Nach dem Rückzug der Gletscher am Ende der letzten Eiszeit blieben hier im Untergrund mächtige Eisblöcke zurück, die erst allmählich abschmolzen. Das so entstandene Toteisloch wurde im Verlauf der letzen 15.000 Jahre mit Seeablagerungen und Torfen aufgefüllt. Eingewehte Pollenkörner, pflanzliche Reste, Sand- und Holzkohlepartikel können aus diesen Ablagerungen extrahiert werden, um die ökologischen Bedingungen aber auch die menschlichen Aktivitäten im Umfeld des Moores zu rekonstruieren. Erste Rodungen sind mit dem Beginn des Ackerbaus in der Jungsteinzeit von circa 5.500 Jahren in Verbindung zu bringen: Siedlungsanzeigende Pollentypen lassen die erste Öffnung der Landschaft erkennen und erhöhte Werte im Sandgehalt weisen auf Bodenerosion hin. Auch die Jüngere Bronzezeit, die archäologisch durch Grabhügel im Umfeld des Moores vertreten ist, ist eine Phase intensiver Landnutzung und Viehhaltung. Die Rekonstruktion der lokalen Bedingungen ergab, dass vor circa 2.500 Jahren das vom Grundwasser bespeiste Niedermoor in ein vom Regenwasser versorgtes Hochmoor übergegangen ist. An dem Bohrpunkt hat sich ein Torf aus Torfmoos und Wollgras gebildet, während nur wenige Meter davon entfernt die Opfergaben in einem Kolk (wassergefüllte Vertiefung) im Moor deponiert wurden. Im Umfeld des Moores gibt es auch zahlreiche Funde aus der Wikingerzeit, so dass der Verdacht nahelag, dass Siedlungen kontinuierlich bestanden hätten. Im Pollendiagramm kann allerdings ein deutlicher Abbruch um 620 n. Chr.  festgestellt werden. Die Siedlungs- und Wirtschaftsflächen in der Nähe des Moores müssen aufgelassen worden sein, so dass es zur Ausbreitung der Bäume auf den Brachflächen kam. Für rund 200 Jahre sind Siedlungszeiger nur in Spuren zu erfassen, während der Wald sich regenerierte.

Nachdem durch Torfabbau in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts vermehrt außergewöhnliche Gegenstände bekannt wurden, rückte der Fundplatz aufgrund der zwischen 1858 und 1861 durch Helvig Conrad Engelhardt ausgeführten Ausgrabungen und seiner darauf folgenden Publikation (1863) in das Blickfeld der Wissenschaft. Der Ausgräber erkannte bereits Parallelen zwischen dem hier geborgenen Fundensemble
und der Fundzusammensetzung weiterer von ihm später bearbeiteter Plätze in Dänemark (Nydam Mose, Vimose, Kragehul Mose, Porskjær). Mit seiner Arbeit legte Engelhardt unbewusst den Grundstein für eine neue archäologische Quellengattung, welche die Fachwelt zunächst vor große Rätsel stellte. Inzwischen werden diese Lokalitäten mit großen Fundmengen von Heeresausrüstungen auch unter dem Begriff „Kriegsbeuteopferplätze“ zusammengefasst.Seit ihrer Bergung im südöstlichen Bereich des Thorsberger Moores widerfuhr den Artefakten eine wechselhafte Geschichte, die letztlich dazu führte, dass sie in verschiedene Museen gelangten. Der Großteil des Fundmaterials wird heute im Archäologischen Landesmuseum Schleswig auf Schloss Gottorf aufbewahrt und dem Besucher im Rahmen der Dauerausstellung präsentiert.

Bei so genannten Kriegsbeuteopfern handelt es sich um rituelle Niederlegungen militärischer und persönlicher Ausrüstungen von Kriegern sowie weiterer Objekte, die im Kontext mit Heeresver­bänden Verwendung fanden. Die Funde gewähren einen Einblick in innergermanische Konflikte, aber auch in kriegerische und ge­sellschaftliche Strukturen.
Bekannt sind solche Deponierungen vor allem aus Gewässern, Seen und Mooren in Mittel-­ und Nordeuropa, die günstige Erhaltungs­ und Auffindungsbedingungen bieten. Ausgewählt wurden diese Plätze vermutlich aufgrund ihrer damaligen religiösen Bedeutung als „Übergangszonen“ und als Verbindungen zwischen diesseitiger Ge­sellschaft und göttlichen Sphären. Umfangreiche Niederlegungen von Kriegsbeute sind besonders häu­fig in der jüngeren Römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungs­zeit nachweisbar. Solche Fundplätze belegen oft mehrere, zeitlich aufeinander folgende Opferungen über einen längeren Zeitraum. Die deponierten Gegenstände stammen aus den Herkunftsgebieten unter legener Heeresverbände. Rituelle Zerstörungsspuren an diesen erbeuteten Objekten durch die siegreiche Bevölkerung verdeutlichen damalige Opfersitten. Die ältesten Funde aus dem Thorsberger Moor sind von Einheimi­schen geopferte Fibeln und Keramikgefäße aus der Zeit vor Christi Geburt und dem 1. Jahrhundert n. Chr. Eine erste kleinere Deponierung von persönlichen Ausrüstungs­bestandteilen, die aus Bereichen südlich der Ostsee stammen, fand in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. statt. In der ersten Hälf­te des 3. Jahrhunderts n. Chr. treten große Fundmengen von Heeresausrüstungen elbgermanischer, norddeutscher und inseldänischer Herkunft auf. Um 300 n. Chr. wurden hier zuletzt Objekte geopfert, deren Besitzer aus Inseldänemark und Südschweden stammten.

Das Gemeindegebiet Süderbrarup weist eine hohe Dichte an archäologischen Fundstellen auf und nimmt für die Jahrhunderte nach Christi Geburt eine besondere Stellung in der Landschaft Angeln ein. Neben dem Thorsberger Moor können mehrere, teilweise gleichzeitig genutzte Friedhöfe und zwei Siedlungsstellen nachgewiesen werden.
Zusätzlich liefern Urnenfunde westlich des Markt­platzes und an der Bahnlinie Hinweise auf weitere Friedhöfe, die im 4. und 5. Jahrhundert gleichzeitig mit dem Gräberfeld unter dem Marktplatz genutzt wurden. Im Verhältnis zu dem großen Gräberfeld wurden an der Bahnlinie allerdings mehr Frauen bestattet.
Das größte Gräberfeld mit bisher 1234 bekannten Urnenbestattungen lag unter dem heutigen Marktplatz und wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehrfach archäologisch untersucht. Es gab zwei Friedhofsareale, in denen vorwiegend Männer beigesetzt wurden. Im südlichen wurde vom 1. bis 4. Jahrhundert und im nördlichen vom 3. bis zum frühen 6. Jahrhundert bestattet.
Daneben existierten zwei kaiserzeitliche Siedlungen, von denen eine im Jahr 2007 archäologisch untersucht wurde. Die Ausgrabungen fanden auf der Fläche der Biogasanlage statt und deckten einen bäuerlichen Gebäudekomplex aus mehreren Holzpfostenbauten auf. Als Teil dorfartiger Strukturen bestanden die Hofanlagen der Römischen Kaiserzeit aus langen Wohnhäusern mit Stallteil, Nebengebäuden und Speicherbauten.

Copyright: Helmuth G. Lax

Auf der Karte

Thorsberger Moor
Königstraße 5 (Verwaltung)
24392 Süderbrarup
Deutschland

Tel.: 04641 7822
E-Mail:
Webseite: www.thorsberger-moor.de

Allgemeine Informationen

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